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Der CreditManager | Aktuell

„ ZUSÄTZLICHE LIQUIDITÄT FÜR VIELE NICHT BEZAHLBAR “

Im September 2023 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine „ Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr “ vorgelegt . Zentraler Bestandteil ist die Begrenzung sämtlicher Zahlungsfristen im B2B-Geschäftsverkehr auf 30 Tage . Darüber hinaus ist ein einheitliches Verzugszinsenmodell vorgesehen , wonach für säumige Kunden Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozent über dem Basiszins fällig werden . Die Kritik an diesen Plänen ließ in Deutschland nicht lange auf sich warten . Bereits wenige Wochen nach Vorlage des Entwurfs veröffentlichte der Bundesrat eine Stellungnahme , in dem er die starren Zahlungsziele ablehnt . Zahlreiche Wirtschaftsverbände folgten und forderten ebenfalls eine Abkehr . „ Ungeeignet “, „ Wettbewerbsverzerrung “, „ Bürokratiemonster “ – so lauten die Schlagworte . Im Interview mit dem Magazin Der CreditManager äußern sich Juristin Ursula Hildner ( UH ) und Underwriting Director Jochen Böhm ( JB ) vom Kreditversicherer Coface ebenfalls kritisch zu den Plänen der EU .
DCM : Frau Hildner , die EU-Zahlungsverzugsverordnung soll die bisherige Richtlinie ablösen . Können Sie den Unterschied zwischen einer Richtlinie und einer Verordnung skizzieren ? UH : Eine Verordnung ist ein in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar geltender Rechtsakt mit so genannter Durchgriffswirkung . Damit sind Verordnungen in EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar gültig und rechtlich verbindlich . Eine Richtlinie dagegen wirkt nicht unmittelbar , sondern muss erst durch die Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden . Bei der Umsetzung haben die nationalen Gesetzgeber einen Spielraum , um bereits vorhandene nationale Besonderheiten zu berücksichtigen .
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DCM : Herr Böhm , eine fristgerechte und zeitnahe Bezahlung ist doch für jeden Unternehmer erstrebenswert . Wieso regt sich in Deutschland so viel Widerstand gegen die geplante EU- Verordnung ? JB : Wir haben in Deutschland und auch in Europa individuell vereinbarte Zahlungsziele zwischen Verkäufer und Käufer , die sich aufgrund der Marktgegebenheiten bilden und zum Teil auf einer langen Historie basieren . Diese Zahlungsziele können je nach Land , Branche , Produkt und auch Bonität des Abnehmers bzw . dessen Marktmacht sehr stark variieren . Jeder Beteiligte hat ein großes Interesse daran , dass diese vereinbarten Zahlungsziele auch eingehalten werden . Der Widerstand , von dem Sie sprechen , bezieht sich auf die nun geplante starre Regelung von 30 Tagen für alle und auf die hohen Verzugszinsen bei Nichtbeachtung .
DCM : Mit diesem Vorstoß soll vor allem der Mittelstand geschützt werden . Wird dieses Ziel erreicht ? JB : Aus meiner Sicht nicht . Die bestehenden Regelungen sind meines Erachtens vollkommen ausreichend , insbesondere wenn die Außenstände dann auch bei Fälligkeit , also pünktlich , beglichen werden . Wie bereits erwähnt sprechen wir von üblichen und vereinbarten Zahlungszielen , mit denen Verkäufer und Käufer kalkulieren . Wenn man jetzt verbindlich auf 30 Tage gehen würde , gerieten viele Unternehmen unter erheblichen Druck .